Gerasmühle

Gerasmühle – Das Beinahe-Museumsdorf

Früher Hammerwerk, Getreidemühle und heute als Turbine Teil des Energiewanderweges Rednitztal. Reizvoll auch die Rednitzinsel und das Wehr im Blick vom Steg. Gerasmühle war auch als Standort für das Fränkische Freilandmuseum im Gespräch.


Zwischen Reichelsdorf und Eibach liegt an der Rednitz dieses weitere geschichtsträchtige Industriegelände, das auf eine über achthundertjährige Geschichte zurückblicken kann. Was einst (vor 1500) aus einer Furt zwischen Lohhof und Gerasmühle bestand, bevor dort eine „pruck über das Wasser“ gebaut wurde, entwickelte sich über die Jahrhunderte zu einem nicht unbedeutenden Industriestandort, der jedoch im Jahre 1954 mit dem letzten Mühlenpächter Konrad Dörnberger wegen geringer Einnahmen und hoher Steuerlasten, sowie aufkommender Konkurrenz durch Mühlenkonzerne sein Ende nahm. 1975 blühte zwar eine Idee auf, das ganze Gelände zu einem Museumsdorf umzugestalten, die jedoch über ein erstes Konzept nicht hinauskam. Doch der Reihe nach …

Eine erste urkundliche Erwähnung der Örtlichkeit „Mühle zu Genherstorf“ findet sich in einer Schenkung von Ritter Bruno von Immeldorf an das Kloster Engelthal mit Datum vom 20. April 1273.

Schon im Lauf der frühen Geschichte widerfuhr der Mühle mehrfach das Schicksal, in Schutt und Asche zu fallen. Das erste Mal ging die Mühle am 9. Mai 1552 im Rahmen der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen dem Markgrafen Albrecht und der Stadt Nürnberg in Flammen auf. Es war (und ist) ja oft die Strategie bei kriegerischen Auseinandersetzungen, wichtige und wertvolle Infrastrukturen der gegnerischen Seite zu zerstören, um dem Gegner empfindlich zu schaden. Eine nächste Feuersbrunst im Jahre 1619, allerdings ungeklärter Ursache, vernichtete die Gerasmühle nur wenige Jahre nach ihrem Erwerb durch den Müller Thomas Reichart im Jahre 1606. Schon dreizehn Jahre später, im Jahre 1632, widerfuhr der Mühle erneut dieses Schicksal, diesmal im Rahmen der Wirren des Dreißigjährigen Krieges. Durch die Kampfhandlungen um die Veste von Zirndorf und das Lager von Wallenstein wurden von durchziehenden kaiserlichen Truppen die Gebäude niedergebrannt.

Die wichtigsten Stationen in der Geschichte der Gerasmühle seien hier nur stichwortartig aufgeführt. Mehr Details lassen sich in dem von Pfarrer Hermann Kausler 1992 herausgegebenen Buch „Eibach. Die Geschichte einer Nürnberger Vorstadt“ (Schrenk Verlag) nachlesen.

Um 1544/45 richten Andreas Mullner & Sohn Conz eine Pulvermühle mit Schleif- und Stampfmühle etc. in der Gerasmühle ein. Die Nachbarn reichen darüber eine Klage ein.

1562 erwirbt der Kupferschmied Lienhard Rümmel die Mühle.

1611 wird eine Sägemühle eingerichtet. Es gibt genaue Vorgaben, welche Holzarten geschnitten werden dürfen.

Am 10.08.1635 wird das Gelände, inzwischen Ruine, an den Nürnberger Patrizier Gabriel Holzschuher verkauft.

Seit 1708 ist die Gerasmühle im Besitz der Familie Weidner unter Müllermeister Johann Leonhard Weidner. Die Familie stammt ursprünglich aus der Oberpfalz.

1730: Fertigung von Pulver aus rötlichem Brasilholz für Tinte bzw. Farbstoff.

1732 wird von einer Klingenschleifmühle und einem Glaspolierwerk berichtet.

1795 arbeitet die Mühle als Nadelschleiferei.

Regelmäßige Zukäufe lassen den Familienbesitz zu einem landwirtschaftlichem Muster-Gut anwachsen.

1847 wird dann von Lothar Johann Weidner die Familienfirma Weidner gegründet, die sich hauptsächlich der Produktion von Blattmetallen und -pulvern widmet.

Ende des 19. Jhd. gründet Johann Georg Weidner als Zweitwerk das „Neuwerk“ zur Herstellung und Verarbeitung von Aluminiumpulver.

Um 1900 lässt Fritz Weidner eine erste Turbine einbauen, die damit die vormals fünf Wasserräder ersetzt, und produziert Strom, der auch für Eibach und Umgebung zur Verfügung steht. Bis zum 1. Weltkrieg ist weiteres Wachstum zu verzeichnen.

Am 19.06.1916 fällt Fritz Weidner im Krieg bei Verdun, was allgemein große Trauer auslöst.

Am 24.07.1940 gibt es eine große Explosion im Neuwerk. Die Totalzerstörung des Werks machte einen Wiederaufbau unmöglich und auch die Gemeinde wehrte sich dagegen wegen der Nähe zur Besiedlung.

Die Zeiten nach den Weltkriegen 1 und 2 sind keine leichte Zeit für die Familie Weidner. Die Güter werden weitgehend verpachtet, bringen aber nur sehr geringe Einnahmen. Der letzte Pächter der Mühle, Müller Konrad Dörnberger führt die Mühle zwar mit großem Fleiß und Umsicht und tat sich auch während der restriktiven Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg durch unter Strafe gestellte Freigiebigkeiten für Notleidende hervor, muss sich jedoch 1954, im Zuge des allgemeinen Mühlensterbens, der Stilllegung auch der Gerasmühle beugen.

Die Gerasmühle bleibt jedoch weiterhin im Besitz der Familie Weidner, wenn auch im Rahmen der Erbteilung verschiedene Gebäude unter den Nachkommen aufgeteilt und andere veräußert werden. 1975 erstellt der Nachkomme Helmut Weidner ein visionäres Konzept unter dem Titel „Gerasmühle – Als Museumsdorf? Eine Chance, die man nicht vertun sollte!“. Flankiert – und technisch vorbereitet – wird dieses Konzept von H. Weidner an das Planungsbüro Grebe Landschafts+Ortsplanung“ (1974) in Auftrag gegeben, welches im „Programm + Entwicklungsplan“ 3 Alternativen zur weiteren Verwendung des Geländes erarbeitet. Im Rahmen der damals laufenden regionalen Initiative des ‘Fördervereins Fränkisches Freilandmuseum’, zur Suche eines geeigneten Standorts, hätte das Projekt Gerasmühle in mehreren Punkten die gestellten Kriterien erfüllt. Doch letztendlich fällt die Entscheidung für das Fränkische Freilandmuseum zu Gunsten Bad Windsheims und zu Ungunsten der Gerasmühle aus.


(Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Das Geschenk des Wassers – Die Rednitz-Wässerwiesen und ihre Menschen“ von Jörg Henninger, Fahner-Verlag, ISBN 9-78394225176-1)

Zugang:

Die Gerasmühle erreicht man per PKW , z.B. über Reichelsdorf-Koppenhof durch den Wiesengund und Lohhof, oder von Mühlhof kommend über die Drahtzieherstrasse, oder von Stein-Deutenbach. Zu Fuß oder per Fahrrad gibt es auch, von Eibach oder Koppenhof kommend, eine Brücke über die Rednitz direkt in den Bereich der historischen Gerasmühle hinein.

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